Das Küken Ida und das Grün

Vorlesen zu Ostern

Eine Geschichte über ein Küken, das in den Farbeimer des Osterhasen fällt. Über eine große Angst und einen kleinen Zauber.


„Ida, du bleibst bei deinen Geschwistern!“, sagt Mama Huhn.

Das Kükenmädchen Ida lässt sich beleidigt auf den Popo plumpsen und verschränkt die Flügel. Aber damit kann sie ihre Mama nicht beeindrucken. Fröhlich wackelt Mama Huhn mit einem Korb voller frischer Eier davon. Sie geht zum Osterhasen.

Zum Osterhasen! „Will den keiner von euch den Osterhasen sehen?“, fragt Ida verwundert.

Doch ihre Geschwister haben sich bereits zu einem gelben Flauschehaufen zusammen gekuschelt.

Ida will nicht kuscheln und sie will auch nicht sitzen. Sie will den Osterhasen sehen!

Entschlossen stapft das Küken los, ihrer Mama hinterher. Immer weiter und weiter. Um den großen Tannenbaum herum und um den Holzstoß und da ist es: Das Haus vom Osterhasen. Windschief, mit einem steilen roten Dach und bunten Fensterläden.

Mama Huhn steht vor der Haustür und richtet ihre Federn. Gleich wird die Tür aufgehen und der Osterhase herauskommen! Um besser sehen zu können, springt Ida auf einen Baumstumpf. Daneben stehen ein paar Farbtöpfe. Der Osterhase hat schon alles für das große Eierbemalen vorbereitet.

Ida ist aufgeregt. Sie beobachtet gespannt, wie Mama Huhn den Flügel hebt, um anzuklopfen. Da macht Ida ein freudiges Pieps. Erschrocken hält sich das kleine Küken den Schnabel zu. Aber Mama Huhn hat sie schon entdeckt. Vor lauter Schreck fällt das Kükenmädchen vom Baumstumpf und landet in dem grünen Farbeimer. Platsch! Wild um sich schlagend taucht Ida wieder auf. Zitternd zieht sie sich am Eimerrand nach oben, hält sich mühevoll fest. Dann kippt sie nach vorn und fällt auf den Boden. So grün wie das Gras um sie herum.

Ida blinzelt ein paar Mal. Über ihr erscheint das Gesicht ihrer Mama. Sie sagt streng: „Geh sofort hinter das Haus zum Teich und wasch dich!“

„Aber, ich…“

„Ich will nichts hören. Geh schon!“

Eine Spur grüner Farbkleckse hinter sich herziehend, schlurft Ida in Richtung Teich. Den Kopf gesenkt, die Augen voller Tränen. „Aber ich hab doch Angst vor dem Wasser!“, schluchzt sie leise.

Am Teich angekommen betrachtet Ida ihr Spiegelbild im Wasser. Grün! Von oben bis unten. Alles grün! Schrecklich grün! Igittigitt!

Das Küken taucht zögerlich einen Zeh ins kalte Wasser. Ihr Spiegelbild verschwimmt. Erschrocken hüpft Ida ein paar Schritte zurück und jammert: „Ich schaff das nicht. Piep! Das Wasser ist so fürchterlich finster und so schrecklich tief!“ Verzweifelt presst Ida die Flügel vors Gesicht.

„Quack!“

Ida duckt sich. Was war das? Sie lugt vorsichtig zwischen ihren Flügeln hervor.

„Quack!“

Vor ihr sitzt ein grünes Tier. Mit großen Augen starrt sie ihn an. „Wer bist du?“

„Ich bin Fritz, der Frosch. Quack! Und wer bist du, du wunderschönes grünes, gefiedertes Wesen?“

Ida sieht an sich herunter. „Ich bin Ida und ich will nicht grün sein.“

„Du willst nicht…?“ Empört schnappt Fritz nach Luft. „Quak! Aber warum denn nicht?“

„Weil ich eigentlich gelb bin.“

„Soso. Nun, das Grün steht dir ausgezeichnet! Du bist fast so schön wie ich!“

Ida lächelt schwach, lässt die Flügel sinken und tritt von einem Fuß auf den anderen. „Meine Mama sagt, ich muss die grüne Farbe abwaschen. Piep! Aber ich hab solche Angst vor dem Wasser.“

Der Frosch sieht das Küken fragend an. „Du hast Angst? Obwohl du grün bist?“

Das Kükenmädchen nickt und macht ein trauriges Gesicht.

„Dann solltest du nicht nur aussehen wie ein Frosch, sondern auch wie einer sein!“

Ida öffnet den Schnabel. Was?

„Quakilabim! Quakilubum“, singt der Frosch Fritz und wedelt mit einem Grashalm herum. „Quackiquakiquak!“ Dann sieht er Ida tief in die Augen. „Sag: Quack!“

„Quack!“

Der Frosch hüpft aufgeregt in die Luft. „Es hat geklappt! Du bist jetzt ein Frosch.“ Zufrieden bläst er die Backen auf. „Quack! Komm und mach es wie ich!“

„Ehrlich?“, fragt Ida verwirrt. „Ich bin ein Frosch?“

„Aber ja, und jetzt mach mir alles nach!“ Fritz springt mit einem lautem Juhuuuu ins Wasser.

Ida lacht. „Ja! Ich bin ein Frosch! Quack!“ Und weil Frösche sich nicht vor Wasser fürchten, läuft sie zum Teich und hüpft hinein.

„Mach es so!“ Der Frosch paddelt genüsslich auf dem Rücken herum und streckt den Bauch nach oben.

Ida macht es ihm nach. Das macht Spaß!

„Und so!“ Der Frosch taucht unter und wieder auf.

Ida macht es ihm nach. Und spuckt eine Wasserfontäne aus.

„Und mach es so!“ Fritz zappelt mit seinen Armen und Beinen. Das Wasser spritzt um ihn herum.

„Hahahaha!“, lacht Ida. „Es ist so schön ein Frosch zu sein!“

Plitsch platsch!

Mitten im Herumtoben hält Ida inne. Sie flüstert. „Ich bin gelb!“ Es stimmt, ihre Federn leuchten blitzeblank sauber. „Fritz, ich bin wieder ein Küken! Piep!“

Der Frosch schwimmt zu ihr. „Der Zauber hält nicht lang. Aber von nun an wird immer ein bisschen Frosch in dir sein. Quak! Innen drin bist du grün! Das kann ich sehen!“

Ida legt den Kopf schief. Dann lächelt sie stolz. „Ja, du hast Recht. Ich kann es fühlen! Quack!“  Das Küken macht ein paar froschige Schwimmzüge Richtung Ufer. „Und jetzt geh ich zum Osterhasen!“

„Auf Wiedersehen, Ida!“ Fritz winkt mit seinem Fuß und taucht ab.

Wieder an Land schüttelt Ida das Wasser ab und läuft los. Kaum ums Eck, bleibt sie wie angewurzelt stehen. Da ist er: Der Osterhase!

Mama Huhn ist bei ihm und ruft: „Ida, das hast du gut gemacht. Komm zu uns!“

Das Kükenmädchen hüpft mit strahlenden Augen und klopfenden Herzen zum Osterhasen.

Dieser streichelt ihr liebevoll über den gelben Kopf: „Hallo Ida, möchtest du mir helfen, Eier zu bemalen?“

„Au ja!“ Aufgeregt streckt Ida ihre Flügel nach oben.

„Und welche Farbe möchtest du haben?“, fragt der Osterhase und bindet seine Schürze fest.

Keine Frage! „Quack!“

Der Osterhase kratzt sich an seinem langen Ohr. „Wie bitte?“

Ida kichert. „Ich meine: Grün!“

„Aber pass auf, dass du dich nicht schmutzig machst!“, sagt Mama Huhn mahnend.

Das Kükenmädchen grinst breit. „Ach, piep, dann geh ich einfach nochmal im Teich schwimmen!“

„Da komm ich mit!“, beschließt der Osterhase und zwinkert Ida lächelnd zu. „Ich kleckere mich immer ganz schön voll.“


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